Meine Fuchsfamilie

Eine sehr fürsorgliche Fähe mit ihrer kleinen Fuchsfamilie.
Liebevolle Fähe mit ihren Welpen

Einblicke in das Leben meiner Fuchsfamilie

Der Bau meiner Fuchsfamilie lag mitten auf einem Feld. Über den Winter hatte ich mehrere Bauten ausmachen können. Am Ende war es der Zufall, der mir zeigte, dass in diesem Fuchsbau eine Fähe ihre Welpen aufzog. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit befand ich mich auf dem Rückweg zu meinem Auto und ließ, wie sonst, noch ein letztes Mal meinen Blick über die Felder gleiten. An einem fast schon unscheinbaren Gebüsch blieb er hängen. Ich traute meinen Augen kaum, als ich sah, dass dort eine Fähe ihre Welpen säugte.

Um die kleine Familie nicht zu vertreiben, versuchte ich meine ersten Fotos über eine Fernsteuerung mit meiner Canon 7D Mark II zu machen. Mit genügend Abstand zuum Bau positionierte ich diese einen Tag später mitten auf dem Feld und wartete im angrenzenden Wald. Ich hoffte die kleinen Füchse würden sich zeigen. Es dauerte auch nicht lange und ich bekam den ersten zu Gesicht. Aufgrund der Entfernung konnte ich leider wenig auf dem Tablet erkennen. Ich stellte fest, dass die Fähe insgesamt neun Welpen geworfen hatte. Diese Zahl ist sehr hoch für einen Fuchswurf. Als Ursache für diese ungewöhnlich hohe Zahl habe ich in der Literatur eine zu starke Bejagung gelesen.

Die Fuchswelpen am Wurfbau.
Fuchswelpen am Wurfbau

Schnell wurde der Wurfbau zu klein und die Fähe zog zum ersten Mal mit ihren Welpen um. Es war reiner Zufall, der mich sie eines Nachts wieder finden ließ. Ich war mit meinem Freund auf einer befahrenen Straße unterwegs, als wir neben dem Straßengraben plötzlich einen Welpen im Scheinwerferlicht entdeckten. Am nächsten Morgen fanden wir den dazugehörigen Bau: Ein Abflussrohr.

In den folgenden Tagen versuchte ich mein Glück und legte mich in Tarnkleidung auf die Lauer. In ausreichendem Abstand befand ich mich im gegenüberliegenden Graben. Das Wetter spielte mir außerdem zu: Der Wind kam mir entgegen. So hoffte ich die Welpen wiederzusehen. An diesem Abend bekam ich meine ersten Welpenbilder.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich zum Thema Fuchsfamilie schon sehr oft belesen, um auch die Erfahrung von anderen Fotografen zu erfahren. In den Berichten las ich des Öfteren, dass die Welpen aus dem Bau kämen, sobald die Mutter auf die Jagd geht. In meinem Fall kann ich das nicht bestätigen. Ich lernte, dass ein Blick oder ein Ton von ihr genügte und die Welpen blieben bis auf Weiteres im Bau.

Die Fähe der Fuchsfamilie.
Mein erstes Bild der Fähe

Mein Gänsehautmoment

An meinem ersten Abend an diesem Bau erlebte ich einen Moment, der mir noch heute Gänsehaut bereitet: Die Fähe zeigte sich wie erhofft und schien mich nicht bemerkt zu haben. Sie verließ den Bau, um auf Nahrungssuche zu gehen.

Nur wenige Minuten später fühlte ich mich allerdings beobachtet. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas in meiner unmittelbaren Nähe sein musste. Also wagte ich einen kurzen Blick nach links und nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie die Fähe nur wenige Meter neben mir saß und mich ansah. Sofort hielt ich den Atem an und rührte mich keinen Zentimeter. Nach einer Weile stand sie auf und kam ganz langsam auf mich zu. Sie kam so nah an mich heran, dass ich ihren Atem auf meiner Hose spüren konnte. Noch immer hielt ich den Atem an. Unzählige Gefühle kamen in mir hoch. Nur Sekunden später drehte sie sich um und ging endgültig auf die Jagd. Nur wenige Minuten später zeigte sich dann der erste Welpe.

Ich kann euch nicht sagen, was es war, doch seit diesem Tag verband mich etwas mit der Fähe, was ich nicht genauer beschreiben kann. Fast schien es so, als hätte sie mich als “weiteres Mitglied” in ihrer Fuchsfamilie akzeptiert.

Ein frecher Blick.
Ganz schön frech

Bei den Fuchswelpen gibt es immer einen, der mutiger und neugieriger ist als seine Geschwister. Dieser kommt fast immer als Erstes aus dem Bau, wie auch in meinem Fall. Leider musste ich feststellen, dass ihm rechts die Hälfte seiner Haut am Hals fehlte. Ich schloss ihn sofort in mein Herz und warf seit diesem Moment ein wachsames Auge auf ihn. Ein weiteres Erkennungsmerkmal war sein geknicktes, rechts Ohr. Ich nannte ihn daher “Knickohr”.

Einer der Welpen der Fuchsfamilie hatte ein geknicktes Ohr.
„Knickohr“

Leider blieb die Fuchsfamilie auch an diesem Bau nicht lange. Durch die zentrale Lage zur Straße bemerkten auch andere die kleine Fuchsfamilie. Immer wieder sah ich, wie Autos in unmittelbarer Nähe davor parkten. Eines Abends beobachtete ich sogar, wie eine Familie direkt vor dem Bau ihre Klappstühle ausgepackt hatte. Es ist verboten, Tieren am Bau nachzustellen oder deren Ruhe zu stören. Passiert dies dennoch, reagieren die Tiere darauf und wechseln den Bau, was immer mit großem Stress verbunden ist. Der erneute Umzug war dieses Mal notwendig aufgrund der vielen Störungen.

Ich hatte erneut großes Glück und fand meine Fuchsfamilie auch ein letztes Mal wieder. An ihrem neuen Bau blieben sie bis zum Auszug der Welpen. Diesen besuchte ich aller paar Tage. Hier tarnte ich mich an einem kleinen Hang in der Nähe der Ausgänge. Die schönsten Momente waren die, an denen sich die Fähe zeigte. Manchmal verlies sie erst ihren Bau. Häufig aber sah ich sie zum ersten Mal am Abend, wie sie nach einem Beutezug zurückkehrte.

Die Fähe kommt mit ihrer gefangenen Beute zurück zur Fuchsfamilie.
Fähe kommt mit Beute zurück von der Jagd

Für gewöhnlich bemerkte ich die Fähe noch bevor ich sie sah. Sie rief ihre Welpen schon von Weitem. Ich erkannte ihren Ruf schon nach kurzer Zeit sofort. Die Freude über ihre Rückkehr war bei den Welpen jedes Mal groß. Zeigten sich einmal nicht alle Welpen, konnte ich sie spätestens nach dem Ankündigen der Mutter aus den verschiedensten Richtungen herbeieilen sehen.

Auch an diesem Bau kamen hin und wieder Autos oder Spaziergänger vorbei. So erinnere ich mich noch sehr gut an den Abend, als eine Radfahrerin vorbeigefahren kam. Die Fähe lag nur wenige Meter direkt vor mir. Ihre Welpen tobten auf ihr herum, als sich plötzlich die Radfahrerin näherte. Die Fähe erschrak sich im ersten Moment und schickte ihre Welpen in den Bau. Sie stellte sich direkt vor mich hin und fauchte die Radfahrerin an, die verdutzt an uns vorbei fuhr. Dieser Moment fühlte sich für mich an, als ob sie nicht nur ihre Welpen schützen wollte, sondern auch mich.

Junge Welpen erwecken oft den Eindruck, als hätten sie wenig Scheu vor den Menschen und könnten Gefahren nur schlecht einschätzen. Manch einer denkt, man dürfe sie anfassen und es würde ihnen nichts ausmachen, wenn man auf ihrem Bau herumspaziert oder die Eingäng mit der Handylampe ausleuchtet. Auch das sind Straftaten. Ich schreibe dies, weil ich an diesem Bau die verrücktesten Dinge erlebt und beobachtet habe. So kam es nicht nur einmal vor, dass sich die Fähe vor ihre Welpen und mich stellte und sie verteidigen musste. Im allerletzten Moment floh sie in den Bau.

Winkender Fuchswelpe.
Ein kleiner Gruß
Alles muss gekostet werden.
Alles muss gekostet werden.

Die Wochen am Fuchsbau vergingen wie im Flug. Mit jedem neuen Tag trauten sich die Welpen auf größere Ausflüge und es kam häufiger vor, dass ich nur noch ein oder zwei von ihnen beobachten konnte. Mit der Zeit wurden sie immer frecher und testeten ihre Kräfte.

Eines Nachmittages bemerkte ich, dass die Fähe zwar mit dem Maul voller Mäuse zurückkam, allerdings nur noch auf drei Beinen laufend. An diesem Tag sah ich auch zum allerersten Mal einen Rüden mit am Bau der Fuchsfamilie. Ich fragte mich, ob er genau aus dem Grund plötzlich auftauchte. Danach sah ich ihn allerdings nie wieder. Die Fähe konnte ich weiterhin beobachten, wie sie an manchen Tagen fast aller 30 Minuten mit Beute zurückkam.

Fuchswelpe alleine am Fuchsbau der Fuchfamilie.
Verträumter Fuchswelpe

Während meiner letzten Besuche bekam ich die Welpen fast nicht mehr zu Gesicht. Ihre Ausflüge wurden immer länger, die Zeiten am Bau immer kürzer. Dennoch bescherten mir drei von ihnen einen unvergesslichen letzten Abend. Ich lag wie immer an meiner Stelle, als sich kurz vor dem Sonnenuntergang die Welpen zeigten. Sie hatten einen alten Gartenhandschuh gefunden, der eine lange Zeit Thema Nummer eins an diesem Abend war. Langsam war es so dunkel, dass ich nur noch Umrisse erkennen konnte. Kurze Zeit später verlor ich sie ganz aus den Augen. Wenig später bemerkte ich sie keine fünf Meter neben mir liegend im Graben. Im Dunklen hörte ich die Fähe rufen. Die Welpen sprangen auf und folgten ihr in die Nacht hinein.

Geschwisterliebe
Geschwisterliebe
Ein heranwachsender Fuchs.
Einer der letzten Aufnahmen von den Welpen

Dies war unsere letzte Begegnung am Bau. Wochen später beobachtete ich in der Nähe drei junge Füchse, die über Bahnschienen liefen. Einige Monate später sah ich einen Fuchs, der dreibeinig über die Felder lief. Mit einem Lächen auf den Lippen hoffte ich, dass sie es war.

Meine Zeit mit der Fuchsfamilie war etwas Einzigartiges, was mir so wahrscheinlich nicht wieder passieren wird. Nie zuvor kam ich einem Fuchs so nah wie dieser Fähe. Sie brachte mir unglaublich viel Vertrauen entgegen, erlaubte mir, sie in den intimsten Momenten beobachten zu dürfen und zeigte, wie stark Mutterliebe sein kann. In dieser Zeit habe ich unfassbar viel dank ihr gelernt.