Er steht mit großem Abstand ganz oben auf meiner „Must-Seen-Liste“ und der Gedanke an ihn bereitet mir eine Gänsehaut auf dem ganzen Körper – der Polarfuchs.
Stell dir vor, du liegst auf einer Wiese, hast die Augen geschlossen und dein allergrößter Traum ist es, ihm einmal zu begegnen. Nur Sekunden später öffnest du sie wieder und hältst den Atem an. Zwei eisblaue Augen starren dich an und lassen für einen Moment deinen Herzschlag aus dem Takt kommen. Tränen steigen in deinen Augen auf – Tränen der Freude –, denn plötzlich ist alles, wovon du jahrelang geträumt hast, Wirklichkeit. Für einen Moment steht die Welt still und du wünschst dir, dass die Sekunden zu einer Ewigkeit werden.
So in etwa erging es mir im letzten Sommer. Ich habe bewusst in der Gegenwart geschrieben, dass der Polarfuchs auf meiner “Must-Seen-Liste“ ganz oben steht, denn da steht er noch immer und wird es auch immer bleiben. Doch jetzt von Anfang an:
Erste Vorbereitungen
Die Vorbereitungen für unsere Reise begannen schon viele Monate im Voraus. Intensiv haben mein Freund und ich uns zu diesem Thema belesen. Schwerpunkte waren u.a. die Unterbringung der Kameras, die Flüge, die Fährverbindungen, die richtige Kleidung, geeignete Schlafsäcke und unser Transportmittel auf Island. Am Ende entschieden wir uns nur mit Handgepäck zu reisen, da dies zum einen die sicherste Option für die Kameras und Objektive war und wir zum anderen weite Strecken nur zu Fuß zurücklegen mussten und ein Koffer dabei sehr lästig werden würde.
Kurz bevor es nach Island losging, erstellten wir Exceltabellen. Sie sollten uns einen Überblick verschaffen, was wir in welchen Rucksack packen würden, später notierten wir auch die Gewichte der einzelnen Dinge. Unsere Hoffnung war, dass wir bei den Rückreisevorbereitungen so unsere Sachen ohne Probleme wieder reisetauglich verstaut bekämen.
Jetzt geht’s los
In einer Freitagnacht war es dann soweit: Unser Abenteuer begann und wir machten uns auf zum Flughafen. Dort angekommen, ließen wir entgegen unserer Erwartungen den Check-In schnell hinter uns. Was mit einem guten Start begann, endete kurze Zeit später beim Boarding, denn unser Flug hatte über drei Stunden Verspätung. Wie wir am Ende erfuhren, war dies keine Ausnahme. Es ist sogar schon des Öfteren vorgekommen, dass die Flüge ganz gestrichen wurden. Da hatten wir ja nochmal Glück gehabt.
Auf Island angekommen, wurden wir von einer Mitarbeiterin von einem Autoverleih erwartet, da wir uns im Voraus um ein Mietauto gekümmert hatten. Es sollte ein Dacia Duster mit Dachzelt werden. Der Fahrweg zum Autoverleih betrug 15 Minuten. Nur kurze Zeit später bekamen wir die Autoschlüssel und schon konnte unsere Reise starten. Zusätzlich zum Auto haben wir uns ein Kochset ausgeliehen. Wir legten also unsere ersten Kilometer zurück und hielten an einem Supermarkt, um uns etwas Verpflegung für die nächsten Tage zu organisieren. Leider mussten wir feststellen, dass sich unser Auto nicht zuschließen ließ. Also ging es nochmal zurück, um das Auto zu tauschen. Danach konnte es endlich losgehen.
Mittlerweile war es schon 18:00 Uhr und wir hatten noch einen langen Fahrtweg vor uns. Wir hatten noch sechs Stunden Fahrt, die wir bis zum nächsten Morgen zurücklegen mussten. Schon während unserer ersten Fahrt durch Island kamen wir aus dem Staunen über die atemberaubende Landschaft kaum noch heraus. Schließlich waren wir kurz vor unserem Ziel und wir suchten uns unseren ersten Campingplatz. Bereits jetzt hatte ich die ersten Bilder von verschiedenen Vögeln auf meiner Speicherkarte.
Am nächsten Tag ging es dann mit einem Schiff noch ein ganzes Stück weiter in den Westen. Das Tolle an der Schifffahrt war, dass man sich aussuchen konnte, wo man am Ende abgesetzt werden würde. Um zu unserem gewählten Ausgangspunkt zu kommen, mussten wir die letzten Meter auf ein Speedboot umsteigen, damit wir an Land gehen konnten. An Land selbst waren wir die nächsten Tage mehr oder weniger komplett auf uns allein gestellt – unsere Handys hatten keinen Empfang.
Jetzt ging das Abenteuer erst richtig los. Die nächsten Tage kämpften wir uns durch die verschiedensten Wetterlagen und hatten nicht nur einmal riesige Schneefelder vor uns. Während unserer Reise trafen wir auf eine kleine Gruppe Robben. Sie pausierten auf Steinen und ließen sich das stürmische Wetter nicht anmerken. Auch wir pausierten an dieser Stelle für eine kurze Zeit und freuten uns über die tierische Gesellschaft. Eine Mutter mit ihrem Kalb war dabei so herzlich anzusehen, dass ich fast nur Bilder von ihnen machte.
Fast drei Tage liefen wir bereits durch die Gegend. So langsam gab ich die Hoffnung auf, dass es noch mit einem weiteren Bild von einem Polarfuchs klappen würde. Mittlerweile hatten wir die verschiedensten Vögel beobachten können. Ich war gerade dabei, eine Bachstelzenfamilie zu fotografieren, als die Mutter unruhig wurde.
Wie aus dem Nichts tauchte zwischen den hohen Gräsern ein Polarfuchs auf und er hatte ordentlich Speed drauf. Er rannte direkt auf mich zu, an mir vorbei und verschwand schließlich in den Gräsern hinter mir. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt ein Bild von ihm gemacht hatte, denn das alles verlief innerhalb von Sekunden ab. Das war sie also: Meine erste Begegnung mit einem Polarfuchs. Noch Minuten später zitterten meine Hände und mein Herzschlag raste vor Aufregung.
Mein erster Polarfuchswelpe
„Und was war das jetzt für ein komischer Vogel?!“ waren meine ersten Gedanken, als ich einen Tag später dieses eine Geräusch hörte, was sich sofort in mein Herz brannte. Ich hörte etwas lautstark rufen, doch konnte nirgendwo etwas entdecken. Nur Sekunden später schoss es mir durch den Kopf, dass ich die Rufe schon einmal gehört hatte. Es war kein Vogel, der sich hier bemerkbar machte, es waren vielmehr Rufe eines Fuchswelpen, der lautstark nach seiner Mutter rief.
Ich war mir nicht sicher, wo der Bau genau war, dennoch setzte ich alles auf eine Karte und entschied mich, die letzten zwei Tage in der Nähe dieser Stelle zu bleiben. Ich beobachtete die Gegend mit genügend Abstand und hoffte, dass meine Vermutung richtig sein würde. Die Stunden vergingen, ohne ein weiteres Lebenszeichen. Doch irgendwann war er wieder da – dieser Ruf, der sich sofort in mein Herz bohrte. Er wurde immer lauter. Und irgendwann sah ich ihn: Meinen ersten Polarfuchswelpen. Er kam direkt auf mich zu mit seinen eisblauen Augen und den kleinen, wackeligen Beinchen und immer noch laut rufend. Mir schossen die Tränen in die Augen und ich wünschte mir, dass dieser Moment nie vergehen würde. Bereits in diesem Augenblick war mir klar, dass ich einen Teil meines Herzen verloren hatte. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Es gab in diesem Moment nur ihn und mich. Ich wünschte mir, die Zeit nur für einen kurzen Moment anhalten zu können. So plötzlich, wie der Welpe vor mir stand, verschwand er auch wieder. Es schien, als wäre er nie da gewesen und doch hinterließ er etwas Magisches. Es war zu diesem Zeitpunkt nach Mitternacht. Durch die langen Nächte war es noch immer so hell, dass man etwas erkennen konnte. Ich entschied mich für ein paar Stunden Schlaf, um nach wenigen Stunden zu dieser Stelle zurückzukehren. Es war unser letzter Tag in diesem Gebiet. Noch am Abend würden wir wieder auf der Fähre sein, um unsere Reise wenig später mit dem Mietwagen fortzusetzen.
Die Sonne zeigte sich an diesem Morgen und verlieh der Landschaft das gewisse Etwas. Mein Freund entschied sich, dieses Mal mit mir zusammen an der Stelle zu warten. Erneut vergingen die Stunden ohne ein Lebenszeichen des Welpen, bis wir ihn irgendwann vor uns sahen. Im Gegensatz zur letzten Begegnung war er etwas mutiger und er vergrößerte seine Runde. Wir verloren ihn aus den Augen und fanden ihn kurze Zeit später am Steinstrand wieder.
Im Gegensatz zu gleichaltrigen Rotfuchswelpen war er schon viel selbstständiger. Wir beobachteten, dass er anfing, am Strand nach Fressbarem zu suchen und sogar versuchte, kleinere Muscheln zu knacken. Wir erfuhren im Laufe unseres Urlaubes, dass es nicht unüblich ist, dass die Fähe ihre Welpen über längere Zeiträume alleine ließ, während sie auf Nahrungssuche war. Nach einer knappen halben Stunde beendete er seinen Ausflug sichtlich erschöpft und verschwand in Richtung Bau. Auch wir mussten so langsam unsere Sachen packen, denn wir hatten noch einen langen Weg bis zur vereinbarten Stelle, an der wir wieder abgeholt werden würden.
Einen Tag später befanden wir uns im Mietwagen und fuhren zu unserem nächsten, geplanten Ziel. Ich wollte unbedingt wieder Papageitaucher sehen, denn das letzte Mal war schon viel zu lange her. Doch leider spielte das Wetter nicht so mit und wir wurden komplett durchnässt. Unsere Ausrüstung war so nass, dass wir sie mehrere Stunden trocknen mussten, um nicht zu riskieren, dass sie bleibende Schäden davon tragen würde. Laut Wetterbericht sollte das Wetter für die nächsten Tage so bleiben. Wir mussten spontan umplanen und nahmen den Weg auf uns, in den Osten Islands zu fahren. Hier sollte der Regen erst nach einigen Tagen ankommen.
Wie sagt man so schön?! Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Wir fuhren durch spektakuläre Landschaften und machten an den Stellen Halt, die uns besonders gefielen. An einem Abend hatten wir schon eine recht lange Zeit damit verbracht, aus dem Auto heraus Vögel zu fotografieren, die am Straßenrand auf den Holzpfählen saßen. Es lief immer gleich ab: Wir sahen einen Vogel, ich schaute von weiter weg mit der Kamera, welcher Vogel es war und dann versuchte ich, im Vorbeifahren, ein paar Bilder zu machen.
Irgendwann saß auf einem der Pfähle jedoch keiner der erwarteten Vögel, sondern eine Sumpfohreule. Ich traute meinen Augen kaum, als ich durch den Sucher schaute! Für uns war sofort klar, dass wir hier länger bleiben würden. Sumpfohreulen sind tag- und nachtaktiv. Und so konnten wir fast zwei volle Tage damit verbringen, sie zu beobachten. Ganz so einfach, wie man jetzt denkt, dass man zu einem Foto kommen kann, war es dann doch nicht. Die besten Bilder entstanden während der Fahrt aus dem Auto heraus.
Sehr gut erinnern kann ich mich noch an den Campingplatz, den wir in der Nähe der Eulen aufsuchten. Da wir bis nach Mitternacht unterwegs waren, standen wir am nächsten Morgen später als sonst auf. Noch mit fast geschlossenen Augen taumelte ich die Treppe von unserem Dachzelt runter und sah direkt neben unserem Auto ein Schneehuhn auf einem Zaunpfahl sitzen. Es schien auch noch geschlafen zu haben und schaute mich mindestens genauso verschlafen an. Langsam öffnete ich die Autotür, griff nach meiner Kamera und legte mich, so wie ich war, auf den Boden. Das Schneehuhn störte sich nicht weiter an mir, begann sich zu putzen und begab sich wenig später im feuchten Gras auf Nahrungssuche.
Während unserer Wartezeiten in Auto auf die Sumpfohreulen konnte wir an einem Morgen eine Goldregenpfeifer-Familie beobachten. Zuerst dachte ich, dass einer der drei Vögel eine Verletzung mit seinem Flügel hatte. Minuten später stellte ich fest, dass es ein Jungvogel war, welcher Flugübungen zu machen schien. Es sah ab und an fast so aus, als ob ein Flugzeug starten wollte.
Weiter ging unsere Reise. Wir fanden heraus, dass es auch hier Papageitaucher gab. Endlich hatten wir keinen Regen mehr und bekamen zwei Abende mit prallen Sonnenschein. So blieben wir an beiden Tagen bis nach Mitternacht an den Klippen, um die Puffins zur goldenen Stunde fotografieren zu können. Ich setzte mir zum Ziel, wenigstens ein Foto mit Fischen im Schnabel und eins im Flug von ihnen zu bekommen. Am Ende wurde meine Ausdauer belohnt und ich hatte nach zwei Tagen meine Speicherkarte voll mit einigen tollen Erlebnissen.
Langsam wurde es Zeit, dass wir die Rückreise antreten mussten. Leider kam es zu keiner erneuten Begegnung mit einem Polarfuchs, was ich mir jedoch sehnsüchtig wünschte. Wir fuhren langsam zurück, hielten hin und wieder an einigen Stellen an, um die Landschaft zu genießen und konnten sogar noch ein paar neue Vogelarten entdecken.
An einer Stelle jedoch passierte erneut das Unfassbare: Wir entdeckten tatsächlich zwei junge Polarfüchse. Sofort entschieden wir uns, die nächste Nacht in dieser Gegend zu verbringen. Wir hatten jetzt einen Tag weniger Zeit für unsere Rückfahrt. Um die Zeit so lange wie möglich nutzen zu können, blieb ich bis 01:00 Uhr nachts wach und stellte mir keine drei Stunden später den Wecker, um wieder an Ort und Stelle sein zu können. Leider zeigten sich die Beiden am nächsten Morgen erst lange nach Sonnenaufgang. Doch das Warten hatte sich gelohnt, denn ich konnte sie in den folgenden zwei Stunden beim Herumtoben, Verstecken und Schlafen beobachten. Nach dieser Zeit zogen sie sich erneut in ihren Bau zurück.
Ich lag immer noch im Gras und ließ die letzten Stunden nochmals Revue passieren. Die Zeit verging und so langsam musste ich zum Auto zurückkehren. Ich hoffte so sehr, dass ich sie noch ein letztes Mal sehen konnte. Gefühlt raste die Zeit in diesem Moment. Als ich schon fast nicht mehr damit gerechnet hatte, kam einer der Welpen wieder aus dem Bau heraus und lief in meine Richtung. Irgendwann blieb er stehen und warf sich in Gras. Dort spielte er für einige Sekunden mit den Grashalmen und blieb schließlich mitten im Gras vor mir liegen. Er war völlig entspannt und schlief wenig später sogar ein. Ich versuchte, mir jeden Atemzug von ihm einzuprägen, bis es schließlich an der Zeit war zu gehen.
So leise es ging, stand ich ganz langsam auf und trat den Rückweg an. Ich drehte mich noch ein paar Mal um, nur um sicher zu gehen, dass er immer noch schlafen würde. Ich schlich mich davon und ging mit einem breiten Grinsen, einer vollen Speicherkarte und einem blinkenden Akkusymbol zurück zu meinem Freund, der bereits am Auto auf mich wartete.
Ein wichtiger Punkt, der noch zu erwähnen wäre, ist, dass man auf Island immer auf einem ausgeschriebenen Campingplatz übernachten muss. Wild Camping ist strengstens verboten. Um geeignete Plätze zu finden, kann man Apps benutzen, die einige Campingplätze auf der Landkarte anzeigen. Nachfolgend zeige ich euch noch weitere Eindrücke, die wir auf unserer Reise festhalten konnten. Wir erlebten so viel, dass es mir unmöglich ist, all das nieder zu schreiben. Doch manchmal sagen Bilder auch mehr als tausend Worte:
Zwei Tage später befanden wir uns wieder in Deutschland. Noch immer konnte ich das Erlebte nicht so richtig fassen und hatte bereits nach einigen Stunden Fernweh. Eines stand allerdings schon lange bevor wir unsere Rückreise antreten mussten fest: Wir werden wieder kommen.. Und das hoffentlich ganz bald. Eure Anne.
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